Aus dem Alltag einer Pressestelle

Um die Mittagszeit Anruf einer Journalistin des WDR. Im Kabinett werde heute das „Starke-Familien-Gesetz“ beraten – da suche man für verschiedene Sendungen einen Drehort. Die Sendungen würden alle heute noch laufen, evtl. sogar in der Tagesschau. Es gehe darum, Betroffene zu Wort kommen zu lassen. Die könnten vielleicht sagen, dass das noch nicht genug sei, was da beschlossen werde – oder was sie sich wünschten. Ob wir als Pressestelle der Caritas jemanden finden könnten.

Ich schlage den Dreh in einem Kindergarten vor. Das ist ihr nicht so recht, sie möchte lieber Eltern filmen. Wir diskutieren ein bisschen über „Familienzentrum“, sie scheint unter dem Begriff etwas anderes zu verstehen als ich. Sie möchte lieber Eltern als Kinder filmen.
Ich erkläre ihr, wie schwierig das ist, jemanden auf die Schnelle zu finden, da ja viele potenzielle KandidatInnen jetzt arbeiten, ob zuhause, oder wo auch immer – jedenfalls nciht gerade auf Abruf bereit stehen, wenn die Caritas anrufe. Kontakt könnten wir am besten bei der nächsten Begegnung herstellen. Ja, aber wir als Caritas hätten auch was davon. Wir würden ja auch davon profitieren, wenn über dieses Thema berichtet werde. Es müssten nicht unbedingt Eltern sein, es könnte auch eine Beraterin sein, die mit den betroffenenn Familien täglichen Umgang hat und wisse, was die brauchen.

Ich schlage vor, jemanden aus der spitzenverbandlichen Interessenvertretung zu befragen. Da hätten sie schon Herrn Schneider (Anmerkung: Bundesgeschäftsführer des Paritätischen) und Herrn Hilgers (Präsident des Deutschen Kinderschutzbundes.)

„Wir sind Fernsehen – wir brauchen Bilder“, sagt sie noch.

Warum ihr die Kollegen vom Kinderschutzbund oder vom paritätischen keine Konatkte zu Betroffenen anbieten, wage ich nicht zu fragen. Wenn Fernsehjournalismus heute so funktioniert, brauchen sich Medien nicht zu wundern, dass sie immer weniger Relevanz haben. Sie haben zu wenig Interesse für die Wirklichkeit, sondern nur den Auftrag, Bilder zu liefern. Der Rest kommt dann im Text, die Rollen sind schon verteilt. Dass das Bedürfnis, bei solchen Beiträgen als Statist mitzuwirken, schwindet, ist ja wohl allzu verständlich. Dass die Kolleginnen und Kollegen in den Presstellen selbst nicht dasitzen und Däumchen drehen und loslegen, wenn der WDR anruft und Betroffene sucht, müsste eigentlich auch klar sein.

Was ich auch nicht verstehe: Warum man solch einen Beitrag nicht früher plant. Die Medien wissen doch, was nächste Woche auf der Tagesordnung steht, sie können doch vorher Termine ausmachen und Drehorte auskundschaften.

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